Lerntraining

Warum wir das Lerntraining brauchen

Vor der Antwort steht die Frage: Warum brauchen wir das Lerntraining?

Wenn es heißt: Heutzutage sind manchen Kindern und Jugendlichen Fähigkeiten nicht mehr präsent, über deren Zustandekommen früher kein Mensch auf den Gedanken gekommen wäre nachzudenken, dann steht die Ratlosigkeit derer dahinter, die ihre Kindheit und Jugend früher erlebten.

Zu ihren Erfahrungen gehören vielleicht Besuche ohne telefonische Absprache, spielen auf der Straße, abtrocknen nach dem Mittagessen, den Müll runterbringen, Stickbilder sticken, Schnürsenkel binden, Einkäufe für die Familie erledigen, Glasmurmeln zählen, Hüpfekästchen, Gummitwist, Briefe schreiben, zu Fuß gehen und sich im Viertel/in der Stadt orientieren, Sonntagsspaziergänge aushalten, feste Mahlzeiten einhalten – kurz: hinsehen, begreifen, abwarten, koordinieren.

Das alles sind Lerntrainer.[1]

Das Lerntraining nennt das entwickelte Zustandekommen solcher Erfahrungen  „Werkzeuge zur Verfügung haben und benutzen“. Werkzeuge sind Teilleistungen, wie zum Beispiel die Auge-Hand-Koordination. Etwas mit der Hand abzählen bedeutet, die Beziehung zwischen Menge und Zahl zu erfahren.

Lernen, unabhängig vom IQ, basiert auf dem Vorhandensein solcher Werkzeuge. Stehen sie zur Verfügung, geht das Lernen besser. Es sind Grunderfahrungen, die Interessen freisetzen über physisch begriffene Erkenntnisse. [2]

Dies zu erleben tut jedem Menschen gut.

Vielfach sind diese Werkzeuge heute nicht mehr so ausgebildet wie noch vor Jahrzehnten.

Auch in der Förderschule Lernen bemerken wir, dass Fähigkeiten etwa im mathematischen Bereich bei weitem nicht mehr an die Ebenen heranreichen, die noch zu Beginn der 1990er Jahren gang und gäbe waren.

Für das Lerntraining heißt dies, den Schüler ganzheitlich wahrzunehmen. Über welche Werkzeuge verfügt er bereits? Welche fehlen ihm? Auf welcher Wahrnehmungsbasis arbeitet der Schüler?

Methodisch geht es in erster Linie um die Integration beider Hirnhälften. Dies findet über den Körper statt:  Überkreuz-Übungen, Brain-gym-Übungen (z. B. liegende Acht), Gleichgewichtsübungen (z.B. auf einem Bein stehen,  auf der Wippe balancieren), Bälle fangen mit beiden und mit einer Hand, mit überkreuzten Händen, Augenfolge-Bewegungen (Figuren mit den Augen nachvollziehen), Hörübungen (Hör-Memory).

Für den beobachtenden Lerntrainer ist es ein Rückwärtsgehen in die Entwicklung des Kindes, um festzustellen, was da fehlt.

Da aber Schule zweidimensional fungiert, folgen auf körperliche Übungen sehr rasch Arbeitsblätter, die auf die spezifische Situation des Schülers hin ausgewählt wurden, v.a. Schreibübungen, die die Augen-Folge-Bewegung trainieren.[3]

Besondere Beachtung erfährt die Art der sensorischen Integration eines Schülers. Ein intuitiver Schüler wird beispielsweise in die Einzelheiten gehen. Darauf aufbauend kann inhaltlich das Einmaleins geübt werden, unterstützt von Übungen zur Augen-Hand-Koordination, ohne die kein Mengenbegriff möglich ist.

Gegebenenfalls soll bestehenden Ängsten, die Blockaden bewirken, durch Übungen aus dem eft, emotional freedom technology –  hierzulande bekannt als Klopfakkupressur -,  begegnet werden. Dieser begleitenden Methode liegt die Überlegung zugrunde, dass Emotionen durch das Klopfen im Gehirn aufgelöst werden. [4]

Stand des Lerntrainings an der Sertürnerschule

Das Lerntraining an der Setürnerschule wird von Ulrike Brinkschröder, selbstständige Lerntrainerin in Paderborn, angeboten. Es ist mit dem Beginn des Schuljahrs 2010/11 eingeführt und wird aus Mitteln einer kapitalisierten Stelle aus dem Schuljahr 2009/10  finanziert. Diese Finanzierung ist noch bis 31.12.2010 gesichert.

Zurzeit besuchen 20 Schüler und Schülerinnen der Sertürnerschule aus den Klassen 1 – 10 regelmäßig das mindestens einmal wöchentlich stattfindende Lerntraining.

In der abgelaufenen Zeit ergab sich laut Umfrage der unterrichtenden Lehrer dieser Schüler und Schülerinnen,

  • dass alle Schüler gern teilnehmen
  • dass sich bei allen Erfolge sowohl im Lernverhalten als auch in der Lernfähigkeit entwickelten
  • dass die Fortsetzung für alle sinnvoll und notwendig ist, um die bereits erzielten Erfolge zu festigen und auszubauen
  • dass gewünscht wird, das Training bis zum Ende des Schuljahrs fortzusetzen
  • dass teilweise auch die Eltern mit in das Lerntraining eingebunden werden, sofern sie angeleitet die Übungen zu Hause mit ihren Kindern fortsetzen
  • dass bei einem Abbruch Ende des Kalenderjahres alle Schüler zurück in ihr altes Raster fallen könnten (Lese-Angst, Verweigerung, Überforderung, kein Zutrauen in ihr eigenes Tun)
  • dass das Lerntraining z. T. in den Förderplänen verankert ist.

Hinsichtlich der zeitlichen Rahmens – Einbindung des Lerntrainings in die Unterrichtszeit  – muss darauf hingewiesen werden, dass sowohl finanziell als auch zeitlich eine vergleichbare Förderung außerhalb der Schulzeit nicht möglich ist bzw. von den Eltern nicht durchgeführt würde.

Gleichwohl berührt das Lerntraining übergeordnete Ziele der gebundenen Ganztagsförderschule Lernen, nämlich der ganzheitliche Ansatz sowie die Nachhaltigkeit von Lernen und lebenslanger Lernbereitschaft – nicht zuletzt auch mit Blick auf das Motto der Schule:

Miteinander leben und lernen  

Abschlussbericht zum Projekt „Werkzeuge des Lernens trainieren“:

Von April bis Juli 2011 wurden wöchentlich 8 Kinder der 1 – 10 Klasse in Einzelförderung und zwei Kinder in einer Zweiergruppe, gezielt nach den individuellen Fähigkeiten gefördert. Dabei wurde großes Augenmerk auf den jeweiligen Entwicklungsstand des Kindes, bzw. Jugendlichen Wert gelegt.

Durch spezielle Körperübungen, die täglich zu Hause geübt werden sollten, wurde durch die Rückbildung evt. vorhandener Restreaktionen frühkindlicher Reflexe die fundamentalen Grundlagen für die Wahrnehmungsfähigkeiten bereitet. Desweiteren wurden, ebenfalls durch Körper- und Brain-Gym Übungen, die Integration der beiden Gehirnhälften, das Gleichgewicht im visuellen und auditven System gefördert. Das alles sind Grundvoraussetzungen für das Lernen. Spezielle Arbeitsblätter brachten die Fähigkeiten in das Zweidimensionale. Denn Schule funktioniert in erster Linie auf dem Blatt Papier.

Besonders in den unteren und mittleren Klassen konnte von den Klassenlehrern eine enorme Steigerung der Leistungsfreude und Leistungsfähigkeit festgestellt werden.

Bei den höheren Klassen wurden, neben den oben beschriebenen Förderungen, mit EFT®– und wingwave® Coaching Ängste und Blockaden gelöst, und vor allem das Selbstwertgefühl gesteigert. Bei einigen Schülern veränderte sich das gesamte Auftreten und es entwickelten sich selbstbewusste Jugendliche.

Organisatorisch wurde die Förderung in den Unterrichtsablauf integriert. Durch eine Informationsveranstaltung für die Eltern und den finanziellen Eigenanteil der Eltern, nahm das Lerntraining eine besondere Wertschätzung ein, die sich durch die Mitarbeit der Eltern bei den Übungen zu Hause erkennen ließ.

Die Schüler und Schülerinnen, die am Projekt teilnahmen, besuchten alle mit viel Freude die Stunde bei der Lerntrainerin.

Das Ziel, das Jugendamt für die Kostenübernahme für eine Weiterführung des Projekts zu gewinnen, ist leider nicht erreicht worden. So bleibt das Projekt von Spenden abhängig, um die wir uns weiter bemühen.